Nach der Vorrunde ist vor der Meisterrunde und es ist an der Zeit ein Fazit zur durchaus durchwachsenen Vorrunde der Löwen in der 1. Bundesliga zu ziehen.
Mit nur einem Sieg aus fünf Spielen ist beim TSV niemand zufrieden und die Ausgangsposition für den Kampf um die Playoff-Plätze ist damit denkbar schwierig. Dennoch dürfen wir nicht das große Bild und die Umstände, wie es zu dieser Bilanz kam, aus den Augen verlieren. Wir möchten keine Entschuldigungen für schlechte sportliche Leistungen finden, aber mit diesem Resümee wollen wir auch den vielen Kritikern aus den eigenen Reihen und von Seiten der etablierten deutschen Rugbymedien begegnen.

Der TSV Handschuhsheim befindet sich in einem Umbruch und dabei handelt es sich nicht um eine abgedroschene Phrase, sondern um einen tatsächlichen Prozess, der sich nicht innerhalb einer Sommerpause abschließen lässt. Nach der vergangenen Saison haben mit Kapitän Alexander Hug, Matthias Pipa und Jens Schmidt, drei der besten Spieler, die jemals das Trikot mit dem Löwen trugen, ihre Karriere beendet. Darüber hinaus hat sich das Trainerteam um Alexander Pipa, Frank Genthner und Nico Strohmeier aufgelöst und unsere Spieler werden seitdem von einem Expertenteam betreut, dass sich aus Trainern und Beratern zusammensetzt, die jeweils einen individuellen Aspekt des Trainings, der Taktik und der Spielvorbereitung abdecken. Damit hat unsere Rugbyabteilung einen wichtigen Schritt hin zur Professionalität gemacht, da auch im internationalen Spitzensport einzelne Bereiche des Spiels individuell geschult und betreut werden. Die Einführung der jeweiligen Trainingskonzepte und die ultimative Umsetzung auf dem Feld bedarf jedoch einer gewissen Zeit – insbesondere im Amateursport.
Auch mit Blick auf den Kader taten sich die Löwen zuweilen schwerer als erwartet. Diese Leistung lediglich mit dem Abgang einiger Leistungsträger zu entschuldigen liegt uns jedoch fern. Vielmehr kommt auch hier wieder der Aspekt des Umbruchs zum Tragen. Das Durchschnittsalter unseres Kaders lag in jedem Spiel deutlich unter 25 Jahren, was einerseits ein großes Kompliment an die kontinuierliche Jugendförderung ist, andererseits ein Team aber auch vor große Herausforderungen stellt. Während wir in den vergangenen Jahren immer jungen Spielern die Möglichkeit geben konnten, sich an den Bundesligabetrieb heranzutasten, während sie sich an den alten Haudegen des Herrenrugbys orientieren konnten, so gab es aus unterschiedlichen Gründen hier einen Bruch und wir waren gezwungen, junge Spieler direkt ins kalte Wasser zu werfen. Das “Heranziehen” von Führungsspielern, um den neuen Kapitän Gregor Hartmann ist leider kein Prozess, der sich innerhalb von einigen Wochen umsetzen lässt. So wie wir unseren jungen Spielern Zeit geben wollen, sich an die Härte und das Tempo im Herrenrugby zu gewöhnen, so müssen wir auch unseren derzeitigen Leistungsträgern die Möglichkeit geben, sich in ihren neuen Rollen zurechtzufinden, um den Anforderungen ihrer Vorbildfunktion auf und abseits des Platzes gerecht zu werden.
Nicht zuletzt wollen wir auf die Verletzungsmisere verweisen, die unser Team bereits seit Ende der vergangenen Saison plagt. In der Vorrunde musste der TSV auf 21 (!) Spieler verzichten die entweder Stammspieler oder zumindest im erweiterten Kader der ersten Mannschaft sind. Dabei handelt es sich aktuell um:
Sven Wetzel, Hannes Wetzel, Jerome Himmer (erst zum Ende der Vorrunde ausgeschieden), Lukas Rosenthal, Vincent Spieß, Lukas Hübschmann, Florian Stockert, Tonio Krüger, Mathias Marin, Felix Bayer, Moritz Bayer, Matas Griskaitis, Oliver Seelinger, Marco Dörzbacher, Christian Bechthold, Maximilian Retzmann, Daniel Lortz, Tyrell Williams, Steffen Horn, Max Girmann und Kevin Klein.
Den meisten Mannschaften in Deutschland wäre es zu keinem Zeitpunkt möglich gewesen, eine derart hohe Zahl an Ausfällen zu kompensieren und dennoch hatte der TSV im Durchschnitt etwa 40 Spieler pro Trainingseinheit auf dem Platz. Offener Kritik, wie der von totalrugby.de, wie es sein könne, dass der Gewinner des Grünen Bandes für herausragende Jugendförderung es nicht schafft, mehr als 16 Spieler gegen den HRK zu stellen möchten wir hier folgendes entgegenstellen:
So positiv wir auch der Entwicklung des HRK, zum Wohle des deutschen Rugbys, gegenüberstehen, so offensichtlich ist dennoch, dass ein Leistungsgefälle in der 1. Bundesliga herrscht, dem eine reine Amateurmannschaft nicht gewachsen ist. Da es dem TSV auch nicht vergönnt ist, wie etwa anderen Vereinen in der Südgruppe, seinen Kader fast ausschließlich mit Profis aus der Südhemisphäre zu spicken, die größten Rugbytalente aus Berlin oder Hannover nach Heidelberg zu locken, oder zumindest für die Schlüsselpositionen Hochkaräter aus dem Ausland zu rekrutieren, kann dieses Gefälle langfristig nur aus eigener Kraft überwunden werden. Zu diesem Zweck haben wir dieses Jahr auch eine U23-Mannschaft etabliert, um eben unseren jungen Spielern die Möglichkeit zu geben, sich langsam und kontrolliert an das Niveau der Bundesliga heranzutasten, ohne gleich ihre Gesundheit oder den Spaß am Rugby auf’s Spiel zu setzen. Am erwähnten Spieltag gegen den HRK hatte der TSV daher auch leider nicht mehr als die 16 angetretenen Spieler zur Verfügung, die dem spielerischen und körperlichen Niveau eines Profiteams gewachsen waren. Dass unsere U23 am gleichen Wochenende ein Freundschaftsspiel absolvierte, unterstreicht dabei lediglich den Fördergedanken unseres Vereins und bekräftigt umso mehr die Entscheidung, dem TSV Handschuhsheim zum vierten Mal in Folge das Grüne Band zu verleihen.
Wie eingangs erwähnt, soll dieser Bericht keine Entschuldigung für das schlechte Abschneiden der Mannschaft in der Vorrunde sein, sondern einige Fragen beantworten und ein wenig Transparenz schaffen. Wir stehen am Anfang einer großartigen Entwicklung, aus der die Löwen stärker denn je hervorgehen werden, doch es Bedarf auch weiterhin der Unterstützung und des vollen Einsatzes, nicht nur unserer Spieler und Verantwortlichen, sondern auch der Sponsoren, freiwilligen Helfer und der besten Fans der Liga. Diese Saison ist noch nicht vorbei, sondern sie hat gerade erst begonnen und es werden zehn harte und spannende Spiele bis zum Beginn der Playoffs Ende April. Und wir hoffen auch in Zukunft weiterhin auf unsere Fans zählen zu können, denn der TSV ist mehr als nur ein Rugbyteam. In guten Zeiten, wie in Zeiten des Umbruchs.